Wie alles begann

THE ROKKER STORY

2006 war nicht nur das Jahr in dem sich das Leben von Kai und Michael grundlegend verändert hat. Es war auch die Geburtsstunde von THE ROKKER COMPANY und damit das Ende von langweiliger Motorradbekleidung. Lies die spannende und aussergewöhnliche Geschichte von THE ROKKER COMPANY in 10 Kapiteln.

Kapitel 1: Der Urknall

Herbst 2006. Nach einer längeren Motorradtour auf ihren Harley V-Rods sitzen Michael Kuratli und Kai Glatt in ihrer Stammkneipe. Sie sind jung, erst Ende zwanzig. Sie sind mutig. Sie sind abenteuerhungrig. Und sie fragen sich, warum es keine schönen Motorradjeans gibt. Die angebotenen sind hässlich, wie sie finden. Warum also keine selbst machen? Knapp 15 Fahrminuten entfernt hat die Firma Schoeller ihren Sitz. Ein weltweit führender Hersteller von Funktionsfasern. Wenn das kein Wink mit dem Zaunpfahl ist, was dann? Kai und Michael schnappen sich jeder eine gut sitzende Jeans und stehen einige Tage später vor dem Schoeller-Geschäftsführer. Ihre Idee: abriebfeste Jeans, wasserabweisend, sicher. Der zeigt ihnen einen BMW-Anzug, den die Firma in den frühen Neunzigern bereits produziert hat. Die beiden Jungs sind sich einig: Das Material ist super, der Look entsetzlich. Sie kaufen fünf Meter abriebfestes Schoeller-Dynatec und bringen es zusammen mit ihren Lieblings-Jeans zu einem Schneider.

Kapitel 2: Holt euren Scheiss hier ab!

Vergebliche Mühe. Der Schneider schafft es nicht, das Dynatec Gewebe mit der Jeans zu verheiraten und flucht über zerbrochene Nadeln und über die schwere Durchdringbarkeit des Gewebes. Zwei weitere Versuche mit anderen Schneidern scheitern ebenfalls. Irgendwann sind Kai und Michael wieder mal surfen und treffen zufällig einen jungen Kerl, der eine Ausbildung zum Schneider macht. Er nimmt die beiden Hosen mit. Und schafft das Unmögliche. Am 22. Dezember 2006 halten Michael und Kai ihre ersten Motorradjeans auf Basis einer Levi's 501 in den Händen. Sie fühlen sich gut an. Sie passen perfekt. Sie sehen gut aus. Es ist die Geburtsstunde der ROKKER-Jeans, wenngleich sie noch nicht so heißen. Eine Idee flammt in den Köpfen unserer Protagonisten: warum so etwas nicht in Serie produzieren?

Kapitel 3: Ihr seid völlig bescheuert!

Kai ist Betriebswirtschaftler und Michael im internationalen Vertrieb tätig. Eine glänzende Kombination, wenn man sich selbstständig machen will. Doch noch ist es nicht so weit. Die Idee steht zwar und die ersten beiden Hosen sind vorhanden, ja nach vielen durchzechten Biernächten, haben die beiden sogar einen Namen für ihr imaginäres Label gefunden, doch - will das Produkt überhaupt jemand haben? Die Burschen machen den Hausfrauentest. Sie schreinern eine schöne Holzbox, packen eine Hose da rein und marschieren im Februar 2007 auf die Messe Swiss-Moto. Die beiden denken sich: Hochwertige Männerliebeleien wie Zigarren, Wein und Whiskey werden in aufwendigen Holzkisten dargeboten. Warum also keine Jeans? Auf der Messe ist man begeistert: Die Jeans ist abriebfest, kühlend, wasserabweisend, hat einen tollen Look - so etwas gibt es bislang noch nicht. Aber der Preis! 500 Schweizer Franken! 99 von 100 angefragten Händlern prophezeien den beiden, dass die gute Idee am hohen Preis scheitern wird. „Ihr seid völlig bescheuert!", sagen sie.

Kapitel 4: Versuch macht Klug

In einem Film heißt es: ,,Wenn du deinen Traum aufgibst, stirbst du." Kai und Michael glauben an ihre Idee. Doch die Suche nach geeigneten Produktionsstätten gestaltet sich schwieriger als gedacht. Sie haben keine Erfahrung auf dem Gebiet. Sie haben keine Firma im Hintergrund. Und sie wollen nur eine kleine Stückzahl produzieren lassen: 300 Hosen. Spätestens als diese Summe genannt wird, wird auf der anderen Seite oft der Hörer aufgelegt: zu gering. Eine Lachnummer. Kollege Zufall hilft weiter: Der Freund eines Freundes kennt jemand, der in Portugal in der Bekleidungsindustrie tätig ist. Die beiden leeren ihre Konten und investieren alles, um diese 300 Hosen in Portugal produzieren und um den Traum real werden zu lassen. Im Mai stehen sie mit ihren Hosen zum ersten Mal auf einer US-Bike-Show und - verkaufen gar nichts. Im Herbst 2007 bauen sie Ware auf der Harley-Bike Week in Faak auf: 300 gut gemachte Holzboxen mit je einem selbst gemachten Prospekt, einem T-Shirt und einer Hose. Das Wetter ist mies, doch dieser Umstand spielt ihnen in die Hände. Denn ihre verkauften Hosen werden noch vor Ort unfreiwillig auf Dichtigkeit geprüft. Die Käufer sind begeistert. Es spricht sich herum.

Kapitel 5: Wieder hilft Kollege Zufall weiter

Ende 2007 sind die 300 Hosen verkauft. Kai und Michael machen bei einem Jungunternehmer-Wettbewerb mit und gewinnen im Dezember 2007 einen Förderpreis. Die nationalen Medien überschlagen sich. Die Nachfrage auch. Nach dem Gewinn kündigt zuerst Michael seinen Job, steigt zu 100 Prozent bei ROKKER ein, doch beide Jungs treiben die Idee mit aller Kraft voran. Man fliegt nach Portugal, ahnungslos, aber nicht glücklos. In einem Surf Shop trifft Michael zufällig einen Kerl, der T-Shirts produziert. Volltreffer! Noch heute sind sie mit dem Hersteller verbandelt, die Qualität stimmt und lässt sich auch mit ihrem Credo, alles in Europa zu produzieren, vereinbaren. Doch 400 Euro für eine Bikerjeans sind in jenen Tagen eine echte Ansage. Auch wenn sie in einer edlen Holzbox mit T-Shirt daherkommt. Allerdings sind auch ihre frisch akquirierten Händler mehr als engagiert, die ROKKER-Jeans zu verkaufen, denn die Marge stimmt. Bereits 2008 sind Kai und Michael mit einem Stand in Daytona-Beach. Zwei krasse Gegensätze tun sich auf. Die Europäer sind sofort dabei, wenn sie Folgendes hören: Das ist keine Jeans, mit der man Motorrad fahren kann. Sondern eine Motorradhose, die aussieht wie eine Jeans. In den USA ist die Hürde anders: Erklär dort mal jemanden, der keinen Helm trägt, dass es wichtig ist, seine Beine zu schützen.

Kapitel 6 : Eine eigene Welt

2009 haben die ROKKER-Buben bereits 10 Händler in Europa und mehrere Produkte wie Hoodies, T Shirts und vier Hosenmodelle. Kai hat seinen Job längst gekündigt und ist ebenso wie Michael Fulltime-ROKKER. Der Absatz boomt. Viele Harley-Händler bieten ROKKER-Produkte an und sind auf den Zug aufgesprungen. Als dieser Fahrt aufnimmt, lässt sich die Konkurrenz nicht lange bitten. Grossisten wie Held, Hein Gericke, Polo oder Louis überfluten den Markt mit ihren Interpretationen von Motorradjeans und auch Harley-Davidson bringt 2013 seine eigenen Bikerjeans auf den Markt. Alle sind günstiger als ROKKER-Jeans. Aber bei Weitem nicht hübscher. Kai und Michael legen ihren Fokus auf qualitativ guten und schönen Jeansstoff und beste Verarbeitung. Aber nicht nur die Qualität sichert ihnen Marktanteile. Der hohe Preis entpuppt sich sogar als ein Schlüssel zum Erfolg: Die Kunden sind stolz darauf, sich eine ROKKER-Jeans geleistet zu haben und werden damit automatisch Botschafter für ROKKER. Auch dass Harley den Schweizern verbietet, ihre Produkte in den Regalen der Händler zu präsentieren, erweist sich im Nachhinein als Glücksfall. Denn es zwingt Kai und Michael, eigene Gestelle und Präsentationsflächen entwerfen zu lassen. So entsteht eine ROKKER-Ecke in den Harley-Läden. Eine eigene Welt. Ganz nach dem Geschmack der beiden.

Kapitel 7: Konkurrenz belebt das Geschäft

Rückblickend sagen Kai und Michael, dass die starke Konkurrenz ihr Business eher beflügelt als gestört hat. Heute haben die Buben knapp 400 Produkte am Start und exportieren in 35 Länder. Der Weg zum Erfolg ist gekennzeichnet von Rückschlägen, die oft aus Unwissenheit oder Unbedarftheit passierten. Angetrieben davon, nur beste Qualität zu produzieren, müssen die zwei mehrfach Produzenten wechseln. Vor allem als sie ihr Portfolio auf Lederwaren ausdehnen: Jacken. Schuhe. Taschen. Gürtel. Da letztlich nur Qualität das Überleben sichert, sind sie ständig auf der Suche nach dem optimalen Hersteller. Der für ROKKER auf jeden Fall in Europa produzieren sollte. Heute reicht das Angebot über Motorradschuhe, die aussehen, als könne man damit ruhigen Gewissens in die Oper, bis zu Sicherheitshosen im Tweed-Look, die selbst ein auf Mode fokussierter italienischer Banker nicht verachtet. Und während man in den ersten Jahren auf zweilagige Jeans setzt - innen Sicherheitsgewebe, außen schöner Jeansstoff - geht die ROKKER COMPANY mit ihrem ROKKERtech-Gewebe einen neuen Weg. Die abriebfeste Faser wird mit Jeansstoff umwickelt. Man spürt auf der Haut nur Jeans. Die Stoffe sind leichter.
Bequemer. Stylisher.

Kapitel 8: THE RIDING CULTURE

2020 schlagen die beiden mit ihren 25 Mitarbeitern einen Parallelweg ein. Während ihre ROKKER-Produkte immer noch Benchmark sind, überlegen Kai und Michael, wie man neue, vor allem aber jüngere Zielgruppen erschließt. Sie fokussieren sich auf 16- bis 35-jährige Abenteuersportler, bei denen die Faszination Bewegung im Vordergrund steht: Skater, Downhiller, Surfer, Freestyler, Snowboarder, BMXler, Biker - in der Red-Bull-Generation verschmelzen die Fraktionen. Unter dem Label „RIDING CULTURE" entsteht eine neue Produktionslinie, günstiger als die ROKKER-Produkte, leichter und jünger. Mit Shirts, Hoodies, Beanies, leichten, aber sicheren Hosen und frechen Schnitten. Um diese Klientel einzufangen, muss man direkt am Puls der Szene sein. So ist es auch kein Wunder, dass im Untergeschoss des ROKKER Bürokomplexes eine kleine Skater-Halle entsteht und die Freaks bei ihnen ein und aus gehen. Denn nur Freaks wissen, was Freaks wollen. Und sie wollen es jung, frisch, lebendig, farbig und irgendwie doch ein wenig zeitlos. Wer die Riding-Culture-Kollektion sieht, erinnert sich sofort an die early Seventies, an Filme wie ,,On Any Sunday". Ans zwanglose Fahren. Ans Kiffen. Freie Liebe. Sonnenschein. Sorglosigkeit.

Kapitel 9: Der wilde Brasilianer

Aber wie designt man so etwas? Der Mann hinter fast allen Designs ist Geo, ein brasilianisches Kind Ende vierzig mit wilden Locken bis zum
Arsch und viel mehr Ideen als Geld. Der Zufall trieb ihn in Portugal vor neun Jahren in die Arme von Kai und Michael. Geo hatte bis zu diesem Zeitpunkt für angesagte Surf Labels Bekleidung designt und war auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Bereits seine ersten Entwürfe überzeugten. Seit RIDING CULTURE hat er seinen 80-Prozent-Job bei THE ROKKER COMPANY auf 100 aufgestockt. Wenn er nicht am Computer sitzt, surft oder skatet er. Und das ist Schlüssel des Erfolges: Er lebt, was er tut, ist absolut authentisch.

Kapitel 10: Dem Wind die Stirn bieten

Im Fokus von Kai und Michael liegen jetzt die neuen, boomenden Märkte in Asien - China, Korea oder auch Indien. Ob sich dort eher die Produkte von ROKKER oder von RIDING CULTURE durchsetzen, wird
sich letztlich zeigen. Den heimischen Markt haben die zwei trotzdem nicht aus den Augen verloren, denn ihre Vision, das Radfahren generell sicherer zu machen, ist nicht nur lobenswert. Sie schreit förmlich nach Erfolg. Darum steht lässige Radbekleidung a la RIDING CULTURE, die nicht beengt und trotzdem beschützt, ganz oben auf der Liste, die sie stetig abarbeiten. Die Erfolgsaussichten sind vielversprechend, gibt es doch wesentlich mehr Rad- als Motorradfahrer in Europa. Dass die zwei der Motorradszene trotzdem treu bleiben, versteht sich von selbst - sie sind nicht nur eingefleischte Extremsportler, sondern auch Biker, die auch heute noch lieber auf zwei als auf vier Rädern anreisen und eisigem Wind oder Dauerregen die Stirn bieten. Und das ist letztlich ein Teil ihres Erfolges: Sie leben nicht nur ihren Traum. Sie lieben das, was sie tun. Und sie tun das, was sie lieben. Motorrad fahren.

Dieser Artikel wurde im Magazin Fuel 3/2021 publiziert. Vielen Dank.

© Rolf Henniges